3 Fragen an Murat Coşkun, Ensemble Misafir

Lieber Murat, beim Eröffnungskonzert des OpenAir Sommers wirst du mit deinem Ensemble Misafir türkische Musik zu Gehör bringen. Was bedeutet dir diese Musik und macht sie so besonders?

Im Grunde mache ich ja viele verschiedene Musikrichtungen, auch verschiedenes Repertoire. Und das ist eines meiner Projekte, bei dem ich gerne mit Musikern und Musikerinnen zusammen bin, die ich gerne habe, sowohl als Musiker als auch als Personen. Das ist mir bei meinen Projekten sehr wichtig. Musikalisch liegt der Schwerpunkt auf türkischer Musik – die Musik mit der ich groß geworden bin und mir sehr vertraut ist. Sie berührt mich ganz anders als andere Musik: Sie hat für mich diese Tiefe, die stärker noch so ein wohliges Gefühl und eine Geborgenheit hat. Musikalisch ist diese Musik auch sehr rhythmisch, da macht es natürlich auch Spaß als Perkussionist dabei zu sein. Auf der anderen Seite hat sie sehr viele Melodien, das gehört für mich immer dazu. Die Musik ist leicht, macht Freude und hat sehr viele unterschiedliche Facetten: melancholische Stimmung bis hin zu freudiger, tänzerischer Stimmung. Dieser Wechsel zwischen diesen beiden Polen ist das, was für mich auch wichtig in dieser Musik ist und mich mit diesen verschiedenen Emotionen erfüllt.

Du selbst bietest mehrjährige Lehrgänge zum intensiven Studium des Spiels auf der Rahmentrommel an. Wo und wann hast du dieses Instrument für dich entdeckt?

Das war eigentlich eher zufällig. Ich habe als 5-jähriges Kind angefangen Laute zu spielen, habe viel gesungen und hatte dann Freude an Percussion. Rhythmus habe ich schon immer geliebt. Das Timing und das Unterteilen von Zählzeiten und das Spielen der einzelnen 2 und 3. Faszinierend für mich als Kind nicht nur in der Musik. Auch in Mustern. Und ich denke das ist auch bei jedem Kind schon angelegt, z.B. im Lego, da gibt es ja die 2er und 3er Steinchen.
Als ich dann weiter Trommeln lernen wollte, habe ich zufällig eine Aufnahme von Glenn Velez gehört. Er ist in der modernen Framedrum Musik eigentlich der Gründer dieses neuen Stils und hat diesen auch bekannt gemacht. Er hat mich im Prinzip dazu gebracht. Meine Mutter hat in ihrer Kindheit in ihrem Dorf auch Rahmentrommel gespielt. Da habe ich gemerkt, dass auch verschiedene Verknüpfungen da sind. Allerdings ist das eine einfachere Technik. Und diese Einfachheit ist auch total wichtig. Ich habe dann versucht, den Bogen zwischen der sehr einfachen Spielweise bis hin zur komplexen zu spannen. Diese zwei Gegenpole sind für mich am interessantesten – genauso wie der Bogen zwischen Melancholie und Freude. Und das ist in der Rahmentrommel das Schöne, dass man das so umsetzen kann, da klanglich so viel möglich ist. Und diesen Weg habe ich weiterverfolgt und entdecke heute immer noch mehr Neues.

Du bist als Musiker in diversen Genres unterwegs: Jazz, Alte Musik, Flamenco, Traditionelle Musik... Wo fühlst du dich musikalisch am meisten zu Hause und wie schaffst du es, diese Genres zu verknüpfen?

Das hat mit der Musik zu tun, die ich als Jugendlicher gehört habe. Und wie mein Leben zwischen zwei Kulturen geprägt war. Ich wollte irgendwann eine Balance finden und diese zwei Kulturen zusammenbekommen. Das war eigentlich als Kind schon so eine Art Lebensaufgabe, die einem mitgegeben wird. Ich denke jeder Mensch hat ja irgendwas im Leben zu bewältigen. Und das war so im Nachhinein das, was mich beschäftigt hat: Dieses Verbinden müssen, oder eine Lösung suchen. Ich hätte auch das eine oder andere lassen können. Aber ich habe einfach von Anfang an immer versucht einen Brückenschlag zu bauen. Das macht mir auch Spaß und ist meine Methode im Leben klarzukommen. Und so war das musikalisch eine Konsequenz, dass ich versucht habe musikalische Stilistiken zu knacken und  zu überlegen wie und wo der Verknüpfungspunkt ist. Was macht die Musik aus oder wo kann ich mit meinem Sachen zusammenkommen? Vielleicht war auch das Instrument ausschlaggebend, die Rahmentrommel passt auch in vielen Musikstilen sehr gut rein. In viele bin ich auch über die Jahre reingewachsen. Und auch da hatte ich vielleicht die richtigen Leute, die mich da in die Musikstile eingeführt haben. Also so eine Kombination aus dieser Neugierde und auch den Möglichkeiten mit dem Instrument. Und natürlich hat es viele Vorteile gehabt, in dieser Zeit in Deutschland oder überhaupt in Westeuropa zu leben. Da besteht einfach eine Offenheit, so etwas wird gefördert und es gibt Auftrittsmöglichkeiten. Und wenn man natürlich solche Ziele und Förderungen bekommt, dann ist auch die Motivation und das Umfeld da. Es gibt z.B. Kulturzentren in denen so ein Austausch stattfinden kann. Und auch Tamburi Mundi hat so einen ähnlichen Gedanken, dass man nicht nur traditionelle Trommelmusik macht, sondern eigentlich musikalisch versucht Verbindungen zu unterschiedlichen Genres mithilfe der Rahmentrommeln herzustellen.


Konzert mit dem Ensemble Misafir am Fr, 23.07.2021

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